Das erfahren Sie im Artikel:
/ Was zeichnet Digitalisierung aus?
/ Welche Chancen bietet die Digitalisierung für Senioren?
/ Welche Rolle spielt der Faktor Mensch in der Digitalisierung?
Zeiten des Umbruchs
Der Fortschritt bringt enorme Möglichkeiten mit sich, allen voran die Digitalisierung. Vom Handy aus lässt sich der Flug nach Tokio buchen, auch der passende Reisekoffer ist nur wenige Klicks entfernt. Die Digitalisierung ist angekommen. Das wird spätestens klar, wenn der Nachwuchs kaum laufen kann, aber schon fordernd die Händchen nach Mutters Handy ausstreckt, um Videos zu sehen. Die Kinder von heute gehören zu den „Digital Natives“, also jenen, die in und mit dieser digitalen Welt aufwachsen. Entsprechend leicht fällt ihnen der Umgang mit Smartphone und Tablet, während so manche Erwachsene, vor allem Vertreter der Generation Senior, beinahe ratlos der digitalen Welt gegenüberstehen.
Die Bedienlogik der mobilen und programmierten Modelle von heute ist eine andere, als die der Apparate der Analogtechnik. Weder können Senioren sich auf die bisherigen Erfahrungswerte berufen, noch die Funktionsweise herleiten. Längst braucht ein Telefon kein Telefonkabel mehr. Es fehlt der sichtbare Mechanismus. Die Technologie verläuft deutlich interaktiver und weniger linear in ihrer Programmierung. Software, W-Lan, Bluetooth, Touchscreen, Apps. Wir sehen zwar was sie bewirken, aber nicht wie sie wirken. Hat man Jahrzehnte lang ausschließlich mit analogen Anwendungen gelebt, kann es ohne Zweifel zu Überforderung führen, wenn die griffigen Reaktionsketten ausgewechselt werden. Man muss gestehen: Fundiert erklären wie digital funktioniert, könnten die Wenigsten. Der Prozess bleibt verborgen, was uns nicht stört, weil es unfassbar praktisch ist. Eine Suche, ein Mausklick und wir werden gefüttert mit digitalen Ergebnissen aus der ganzen Welt.
Profit für Generation Senior
Umso wichtiger ist es, dass jeder von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen kann. Kaum jemand könnte so essentielle Vorteile aus der Digitalisierung ziehen, wie Generation Senior. Digitalisierung bedeutet dabei nicht, von Stund an mit einem Smartphone in der Hand herumzulaufen. Digitalisierung bedeutet viel mehr, explizit die Anwendungen heranzuziehen, die zum Erhalt der Autonomie beitragen. Es darf nicht unterschätzt werden, wie viel es ausmacht, auch im (hohem) Alter selbstbestimmt seinen Tag gestalten zu können und nicht stetig um Hilfe bitten zu müssen. Vor allem Personen, die ihren Haushalt alleine führen, sind mit den Herausforderungen und auch Ängsten des Alltags vertraut. Er sollte jedoch zu keiner fortschreitenden Belastung mutieren und die Betroffenen an ihre Grenzen treiben oder gar in Gefahrensituationen bringen.
Digitalisierung als Sicherheitsnetz der eigenen Gesundheit
Das Ziel ist daher, durch digitale Anwendungen die Lebensqualität und Autonomie aufrecht zu erhalten, indem man den Alltag quasi vereinfacht. Beispielsweise können Personen, die nicht mobil sind oder keine schweren Gewichte tragen können, einen Lebensmittellieferservice in Anspruch nehmen. Die Produkte werden online ausgewählt und dann bis an die Haustüre geliefert. Das erspart lange Wege zum Supermarkt und das Problem, schwere Einkäufe sowie Getränkekisten tragen zu müssen. Viele geraten auch mit ihren Medikamenteneinnahmen durcheinander. Dazu können programmierte Medikamentenboxen hinzugezogen werden, die die Medikamentenausgabe regulieren, Erinnerungen versenden und dadurch Falscheinnahmen vermeiden.
Weitere Ansätze:
- Brandüberwachungsfunktion: Verhindert, dass Herd oder Bügeleisen unbemerkt an bleiben.
- Mobiler Notrufknopf: Kann im Falle einer Notlage betätigt werden, sodass eine Verbindung zu einer Notrufzentrale hergestellt und automatisch Hilfe organisiert wird.
- Staubsaugerroboter: Staubsaugt selbstständig, ohne Zutun.
- Betreutes Wohnen: Durch ein Online-Feedbacksystem gestützt durch telefonischen Kontakt könnten Krankenbesuche und Versorgung der Patienten besser und effizienter geplant und durchgeführt werden.
- Online Anträge: Ausfüllen und absenden von Krankenkassenanträgen usw. online, könnte Kosten und lästige Wege zur Post ersparen.
- Bessere Telekommunikation: Dank Videoübertragungen kann ein besserer Austausch mit den Verwandten stattfinden und auch Arztkonsultationen könnten via Videokonferenz erfolgen. Zudem erleichtert es, von Seniorentreffen und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten zu erfahren und diese zu organisieren.
- Online Patientenakte: Dieser Ansatz ist bereits aus den Medien bekannt. Gerade für ältere Menschen würden sich diverse Vorteile bieten. Eine Patientenakte sämtlicher Befunde, Röntgenbilder usw. würde unter Fachleute für mehr Transparenz sorgen. Zudem könnten wiederholt belastende Untersuchungen oder inkompatible Medikationen besser verhindert werden und so dem Schutz des Patienten dienen.
Auch für schwerwiegende Pflegefälle bieten sich neue Optionen: Dank Heberobotern könnten sich mehr Möglichkeit der Hausbetreuung, beispielsweise für Schlaganfallpatienten, eröffnen. Angehörige und Pflegepersonen sind durch Waschen und Umlagern dieser Patienten schwerer körperlicher Arbeit ausgesetzt und könnten so massiv entlastet werden.
Dies betrifft auch die Betreuung von Demenzkranken. Durch Softwaretools kann die Biographie der Betroffenen abgerufen werden und helfen, nicht den Bezug zu sich selbst und der Außenwelt zu verlieren. Ebenso gibt es erste Serviceroboter, die generell der Beschäftigung des Patienten dienen und so auch den Angehörigen eine Verschnaufpause einräumen. All diese Entwicklungen werden stetig optimiert, um sie benutzerfreundlicher zu gestalten und in Zukunft für den häuslichen Gebrauch freizuschalten.
Menschlichkeit bleibt unersetzlich
Es ist wichtig hervorzuheben, dass es in keinem Fall das Ziel ist, durch digitale Anwendungen menschliche Wärme und die direkte Kommunikation untereinander zu ersetzen. Digitalisierung sollte nicht zur Folge haben, sich nicht mehr vom Handy lösen zu können und die soziale Interaktion verkümmern zu lassen. Sieht man einen Senior erschöpft seine Einkäufe schleppen, darf man weiterhin beherzt zupacken und Sozialverhalten zeigen. Ein freundliches Wort von der Kassiererin kann den Tag erhellen, ein Smalltalk vor dem Bäcker dazu beitragen, sich als Teil der Gemeinde, als Teil des Veedels zu verstehen.
Zurück in die Zukunft
Viele Senioren sind neugierig und motiviert von der Digitalisierung Gebrauch zu machen. In der Praxis ergeben sich jedoch Probleme. Praktisch erweisen sich die Anwendungen oftmals als unzugänglich. Rein zwischenmenschlich fehlt Familienmitgliedern oft die Geduld, diese zu erklären. Man kann es als guten Anlass sehen, etwas der Geduld wiederzugeben, die einem selber (z.B. in der Kindheit) entgegen gebracht wurde. Auch die Pioniere der Digitalisierung sind dazu angehalten, das breite Benutzerspektrum der Gesellschaft nicht außer Acht lassen. Benutzerfreundlichkeit oder gar altengerechte vereinfachte Versionen, könnten in die Entwicklungen mit einbezogen, entsprechende Anlaufstellen angeboten werden. Es ist eine Möglichkeit einen ungewohnten, aber neuartigen Aspekt des Marktes aufzurollen. Es wäre für alle Seiten von Vorteil, Generation Senior nicht vom Zeitgeist überholen zu lassen und ihr den Weg zur digitalen Welt zu ebnen. Schließlich sollte die Digitalisierung als wesentliches verbindendes Element integriert werden und eben nicht das verantwortliche Element sein, das die Gesellschaft spaltet. Sie sollte dort ansetzen, wo sie tatsächlich benötigt wird. Dort, wo sie wahrhaftig eine dankbare Veränderung erreichen könnte, Senioren dazu verhelfen könnte, ihre Autonomie zu wahren.